DIE MASSMÖBELER – INDIVIDUELLE STÜCKE AUS DER MEISTERWERKSTATT
Wer seine arbeit liebt, muß nie wieder arbeiten
Erfolgsgeschichten müssen nicht spektakulär sein. Sie müssen nicht mit Paukenschlag beginnen, nicht aus Katastrophen erwachsen. Es gibt Geschichten, die gehen einfach gut. Von Anfang an – ohne Kampf, Drama, Rückschlag. Wie bei Martin Breitenbach und seinem Kompagnon Richard Scholz, die in ihrem Laden in Gilching (jetzt Alling-Parsbergstr. 5) und im Internet Massivholzmöbel nach Maß anbieten – zu Standardpreisen. Mit diesem Clou hat das Unternehmen Erfolg in Deutschland, Österreich und der Schweiz – und besonders im Fünfseenland.
Ihr Stil: geradlinige, moderne Massivholztische – „sehr kubisch“ nennt es Martin Breitenbach –, Sideboards und Schränke, dazu Außergewöhnliches wie Martin Breitenbachs Lieblingsstück: Baumkantentische. Die Tischplatte schließt mit der Baumkante ab, diese wird nur per Hand geschliffen aber nicht begradigt.
Doch von vorne. Martin Breitenbach machte eine Ausbildung im Möbelhaus, war dann im Außendienst tätig. Irgendwann brauchte er selbst einen Tisch für zu Hause. „Das war so ein blödes Maß“, sagt er, „also kam ich auf die Idee, da frag ich doch mal den Richy – den Mann meiner Taufpatin –, der ist Schreinermeister.“
Eine Maschine kann die Arbeit von fünfzig gewöhnlichen Menschen leisten, aber sie kann nicht einen einzigen außergewöhnlichen ersetzen.
Elbert Hubbard
Gesagt, getan. Der Tisch stand bald in der Wohnung. Und da Martin Breitenbachs Kunden häufig andere Maße nachfragten als Standard 90×180, wollten die beiden versuchen, diese Lücke zu füllen – mit selbst gefertigten Maßmöbeln. Es funktionierte, von Anfang an: „Wir hatten diese Idee, dann fuhr Richy zwei Wochen in Urlaub – und als er wieder kam, hatte ich 20 Bestellungen.“ So unspektakulär kann ein Geschäft beginnen.
Der Karren kam in Fahrt. Anfangs wurden Angebote auf ebay platziert, der Rest lief über Mundpropaganda und Freundeskreis. Und ein Jahr später – nachdem unzählige Kunden ihre Tische direkt in der Schreinerei begutachten mussten – wurde der Laden in Gilching angemietet. Seit fünf Jahren werden hier nun hochwertige Massivholztische, Schränke und Sideboards ausgestellt und verkauft, dazu Deko- und andere Einrichtungsgegenstände. „Das ist mein Faible“ freut sich Martin Breitenbach, der enthusiastische 30-jährige Kaufmann. „Es macht den Laden bunter, interessanter.“ Die Wohnaccessoires bezieht er auf verschiedenen Messen in Frankfurt, Holland und Paris – und kann so immer mit Überraschungen punkten.
Möwen aus Aluminium schweben die Wand entlang, große Spiegel mit geschnitzten Ornamentrahmen werfen das bunte Deko-Potpourri des Ladens hundertfach hin und her. Riesige Vasen aus Ton, bizarre Objekte aus rohem Holz, Stehlampen oder alte asiatische Balken als dekorative Stelen sind absolute Eyecatcher. Bunte Kissen und Teppiche in Naturtönen, Windlichter aus Glas und Kerzen in allen Farben verbreiten natürliches, lässiges Flair mit einem Touch Extravaganz.
Man hört fast das Meer rauschen, die Möwen rufen, kann die Natur förmlich riechen … und im Hintergrund plätschert leise Jazzmusik.
In der Schreinerei einige Kilometer weiter, in Neuaubing, dröhnen andere Geräusche. Hier ist das Reich von Richard Scholz, Schreinermeister und Partner von Martin. Hier wird geschnitten, und gesägt, gehobelt und geschliffen. Und es riecht – ganz klar – nach Holz. Fragt man Richard Scholz, was Holz für in bedeutet, sinniert er: „Faszination Leben, Natur, guter Geruch – ein warmer, angenehmer Werkstoff zum Arbeiten, der eine gemütliche Atmosphäre schafft – egal, ob im Wohnbereich oder als Kaminfeuer“ und grinst.
80 Quadratmeter der 250-Quadratmeter-Werkstatt wird vom Holzlager eingenommen – das Geheimnis der bezahlbaren Preise. Denn das Holz – von Ahorn über Nussbaum bis Zebrano – wird u.a. in großen Mengen in Amerika eingekauft. „Wir bestellen es direkt und verladen es im Container, so bekommen wir Qualität zu viel günstigeren Preisen“, erklärt Richard Scholz und fährt fort: „Es gibt natürlich Größere als uns, aber uns prägt, dass wir wirklich alles auf Maß machen, auch Einzelanfertigungen bis ins kleinste Detail.“
So entstehen in der Schreinerei etwa 35 Stücke pro Monat. 60 Prozent des Umsatzes laufen über den Laden, den Rest liefert die eigene Website – Tendenz steigend. Insgesamt 30 verschiedene Standard-Modelle stehen derzeit im Internet zur Wahl, als Ess- oder Couchtisch, Bank oder Sideboard – alles kombinierbar. Man klickt ein Modell an, wählt das Holz und sieht sich das Stück in der entsprechenden Optik an, gibt das Wunschmaß ein – schon wird der Preis berechnet, der Kunde kann bestellen. Und nach acht Wochen wird das Wunschobjekt persönlich geliefert und an Ort und Stelle montiert. Keine Odyssee durch Möbelhäuser, kein mühsames Zusammenschrauben, kein Verpackungswahnsinn. Das Projekt Maßmöbel ist realisierbar, ohne sich von der Couch zu bewegen.
Einige tun es allerdings doch: „Manche Kunden suchen sich in unserer Schreinerei die gehobelten Bretter selbst aus und ordnen sie so an, wie sie es möchten“, verrät Martin Breitenbach. So kommt zum „Luxus Maßmöbel“ noch das „kreative Erlebnis “ hinzu – und das trifft den Zeitgeist. Back to the basics, selbst gestalten, wertige Dinge schätzen. Das zählt – in wirtschaftlich unsicheren Zeiten noch mehr als sonst. „Unsere Erfahrung ist, dass die Leute eher ihren Urlaub streichen und sich stattdessen das Häusl schön machen. Unsere Möbel sind meist nur geölt, Tische kann man also beliebig oft abschleifen, und man hat viele Jahre ein schönes Stück“, weiß Breitenbach.
Apropos Unsicherheit: Die kennen Martin Breitenbach und Richard Scholz nicht. Fragt man, wie das Geschäft in Zukunft weitergehen soll, heißt es prompt: „Ach, da gibt es die ein oder andere Kleinigkeit – aber am besten soll alles so bleiben, wie es ist.“ Na, wenn das nicht von Zufriedenheit zeugt!
Jutta Mlnarschik
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